Armin Klica
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Web Stories – ein Must-have für Publisher?

Aus der Community für junge Medieninteressierte: Armin berichtet über den #UseTheNews-Workshop zum Thema Web Stories und den Erfahrungen von Publishern.

2023-01-23 — Armin Klica

Die Aufmerksamkeitsspanne der Gesellschaft liegt je nach Studie zwischen acht und zwölf Sekunden.[1] Die Angst etwas zu verpassen, auf Englisch FOMO („fear of missing out), steckt der Gen Z tief in den Knochen. Daher springe auch das Interesse von einem Thema zum nächsten viel schneller und häufiger.[2]

Doch, dass nicht jeder ein Fan der Web Stories ist, wurde durch die Erfahrungsberichte verschiedener Medien in unserem letzten #UseTheNews-Webinar deutlich. Wo es genau hakt, wollen wir uns in diesem Beitrag nun noch einmal genauer ansehen. Einige Medien experimentieren daher mit dem Format Web Stories, um neue (junge) Leser:innen für ihre Webseite oder ihre Artikel zu gewinnen. 

 

 

Was sind Web Stories?

 

Die Web Story ist ein relativ neues Format, mit dem visuelle Inhalte in prägnanter und kompakter Form angezeigt werden können. Sie ähneln Instagram-Storys und sind wie ein Teaser: Es wird versucht das Spannendste auf den Punkt zu bringen, um die Nutzer:innen auf den Blogbeitrag zu locken.  

 

 

Wozu sind Web Stories gut?

 

Grundsätzlich dient dieses Format dazu, die eigene Brand bekannter zu machen. Denn durch Traffic auf der Website werden gute Platzierungen in den Suchergebnissen und somit auch Umsatz generiert. Da viele User:innen wenig Zeit haben, sollen mittels den Web Stories die wichtigsten Nachrichten in knapper Form übermittelt werden. Relevante Nachrichten oder interessante Geschichten können mit Hilfe von Bildern, Texten oder kurzen Videos als Vorschau dienen, bevor es zum ganzen Artikel geht. Den User:innen wird durch das Tippen von Story zu Story ermöglicht, die wichtigsten Fakten vom Hauptartikel aufzugreifen bevor es zum eigentlichen Beitrag geht. Durch den Swipe, also dem Streichen von unten nach oben, gelangen die User:innen zur nächsten Story.

 

 

Wie verarbeiten wir Informationen und News?

 

Snapchat und mittlerweile auch Instagram sind die Vorreiterinnen, was Stories angeht. Sobald wir die App starten, ploppen neben den Beiträgen oben mit leuchtendem Ring runde Icons auf. Die geteilten Beiträge im Feed schauen sich mittlerweile wenig Menschen an. Bevor es die Stories gab, ist man bis zum Ende gescrollt, um sich alle geteilten Beiträge anzuschauen und eventuell auch ein ‚Gefällt mir‘ zu hinterlassen.

Wegen den Stories scrollt man fast kaum noch durch den eigenen Feed, weil uns die Stories mehr in das Leben anderer Menschen teilhaben lässt als ein Post. 

 

Auch der Journalismus bedient sich inzwischen immer häufiger dem Story-Format, um die Aufmerksamkeit der Nutzer:innen zu gelangen. Als Nutzer:innen kommt uns die Zeit knapp vor und somit wollen wir kurz und knackig alle wichtigen Informationen sehen und wissen. Doch, dass uns nur ein Drittel im Kopf hängen bleibt, merken wir vielleicht erst im Nachhinein. 

 

 

Zusammenfassung der verschiedenen journalistischen Medien

 

Verschiedene journalistische Medien, wie der Spiegel, die NOZ oder die MainPost testen Web Stories bereits aus und versuchen durch runde Icons mit einem Titelbild und Untertitel den Nutzer:innen einen Überblick über die Themenbereiche auf deren Website zu verschaffen. Die NOZ hatte bis Februar 2021 das Kachelformat vorrangig genutzt.  In den Stories selbst wird mit statischen Bildern und animiertem Text das Wichtigste zu einem Thema zusammengefasst.

 

Manuel Scholze von der MainPost berichtete über die dreijährige Erfahrung mit Web Stories. Für die Erstellung ihrer Web Stories greifen sie dabei auf hilfreiche Tools zurück – als besonders nutzerfreundlich hat sich für sie der „globale Klassiker“ Canva herausgestellt.

 

Auch Katharina Preuth, Redakteurin des Online-Magazins „XL“ der NOZ, setzt bei der Erstellung von Web Stories auf entsprechende Tools. Manche Funktionen wären seitens der Anbieter jedoch noch ausbaufähig. So biete der Anbieter Zazu aktuell noch nicht die Möglichkeit, produzierte Web Stories aus dem Tool heraus auf unterschiedlichen sozialen Plattformen zu posten. Der Aufwand für die Web Stories sei nicht zu unterschätzen, weshalb sie bei der NOZ Web Stories aktuell nur an den Wochenenden betreiben, um Ressourcen zu sparen. Auch sie haben sich für die Bubble-Optik entschieden, weil es zunächst mehr Sichtbarkeit der Themen bietet als die Kachel-Optik, die am Ende der Website zu finden war. Und zweitens haben sie durch Instagram gelernt, dass diese Nachrichtenvermittlung besser funktioniert. Gestartet ist die NOZ 2020 mit ca. 11.000 Aufrufen am Wochenende und nach zwei Jahren haben sich die Aufrufe verdoppelt. 

 

Petra Maier, Leiterin Team Web Stories beim Spiegel, hält Web Stories für ein gelungenes Format, um das neue (junge) Publikum abzuholen. Sie setzen gezielt auf eine opulente Optik und entwickelten ein eigenes Storytelling. Dabei nutzen sie mehr Fotos/Videos und wenig Audioaufnahmen. Nach Petra Maier hat der Spiegel allein auf Spiegel.de/App täglich zwischen 40.000 bis 160.0000 Nutzer:innen und 61 % nutzen die Stories mobil. Auf der Homepage und beim Anbieter Storify ist das Alter fast gar nicht zu verfolgen. Dennoch erreicht Spiegel.de bei Instagram die meisten User:innen zwischen 25 bis 34 Jahre (33,9 %). Ziel sei es, weiterhin mehr jüngere Menschen zu erreichen.

 

In Deutschland sind Web Stories noch weniger erfolgreich, weil sie noch nicht richtig bei Google News ausgespielt werden. In den USA [3] ist das bereits der Fall. Einer Studie[4] zur Folge sind 75 % der Nutzer:innen daran interessiert, die sogenannte „tappable stories“ zu nutzen. Dies erleichtert den Nutzer:innen die Aufmerksamkeit als ein scrollender Artikel.

 

Schlussendlich wird diskutiert, welche Darstellungsmethoden oder Erzählmöglichkeiten es gibt, um die Aufmerksamkeit des jungen und älteren Publikums zu gewinnen. Als Beispiel hat sich Malte Baumberger von n-tv die Frage gestellt, wie ein Live-Ticker für die Bundestagswahl aussehen könnte, um insbesondere Jüngere zu erreichen. Malte Baumberger ist ganz klar gegen „form follows function“ und hofft, dass langfristig das Format dem Inhalt angepasst wird, und nicht umgekehrt.

 

 

Fazit

 

Trotzdem bleibt die Frage: Helfen oder schaden Web Stories dem Journalismus? 

Die Antwort ist einfach: Fragt das Zielpublikum.

 

Das ständige Ausprobieren bis es gut genug ist, mag natürlich mühsam sein. Dennoch ist es wichtig, zu testen und zu probieren. Es wird nie perfekt sein, deshalb gehört Scheitern dazu.  Am Ende muss jeder Prototyp vor allem dem Zielpublikum gefallen und die Ergebnisse stimmen, um sich anschließend eine Meinung oder ein Fazit zu bilden. 

 

Als Teil der Gen Z bin ich sehr schnell gelangweilt von langen journalistischen Artikeln. Das liegt nicht nur daran, dass sie oft zu trocken sind, sondern bei mir liegt es an FOMO, die Angst was zu verpassen. [5]

 

Schlüsselwörter und ästhetische Bilder/Videos oder Aufnahmen wecken schnell meine Aufmerksamkeit und mein Interesse. Die ersten fünf Sekunden eines Videos, Artikels oder einer Aufnahme sind für mich und dem Großteil meiner Generation entscheidend. 

Web Stories als neues Format für den Journalismus finde ich gut, denn so erweckt es schnell das Gefühl viel aus der Welt mitzubekommen. Doch, dass der Aufwand noch relativ hoch ist und die Anbieter noch nicht alle einwandfrei funktionieren bzw.  Einschränkungen aufweisen, mag ein Problem sein. Vielleicht muss man es so sehen: Es sind nicht viele Stories im Umlauf und man kann einfach testen und ausprobieren. Viele Nutzer:innen sind durch viele Veränderungen und Updates auf Instagram und anderen sozialen Plattformen dran gewöhnt und passen sich dementsprechend schnell an. 

 


[1] https://www.stellenwerk.de/magazin/studierendenleben/verkuerzte-aufmerksamkeitsspanne-so-regenerierst-du-deinen-fokus/

[2] https://www.mpib-berlin.mpg.de/pressemeldungen/informationsflut-senkt-aufmerksamkeitsspanne

[3] https://blog.amp.dev/2019/10/25/users-prefer-tappable-stories-on-the-mobile-web/ 

[4] https://drive.google.com/file/d/1UUy80FNr04gUNkt4qIw5hxkmWNffysPO/view 

[5] https://www.drugcom.de/news/wie-fear-of-missing-out-fomo-mit-internetsucht-in-zusammenhang-steht/