Sabrina Harper
Media Lab Bayern
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Wie spricht man Gen Z?

Wie konsumiert die Gen Z Nachrichten und was müssen Informationssendungen leisten, um die Erwartungen der 20- bis 30-jährigen User:innen sprachlich abzuholen? Innerhalb der #UseTheNews-Community haben sich im Track „Sprache“ verschiedene Ansätze herauskristallisiert.

2022-08-04 — Sabrina Harper

Sprache und Social Media

 

Viele Medienhäuser probieren sich auf Social Media aus und versuchen so ihre Inhalte an die Jugend zu bringen. Ein Paradebeispiel dafür ist der Instagram-Account der Tagesschau. Das ist auch grundsätzlich eine gute Idee. Denn der Konsum von Informationen ist für die Gen Z über Social Media selbstverständlich. Die Student:innen der Hochschule Darmstadt erarbeiteten innerhalb des #UseTheNews-Projektes einen Instagram-Auftritt, welcher den Fokus auf die textliche Aufbereitung von Postings legt. Denn Bildsprache ist auf Instagram vieles, aber nicht alles. Untersuchungen zeigen, dass Menschen Nachrichten häufig inhaltlich nicht verstehen. Angefangen bei Fremdworten bis hin zu komplexen Satzkonstrukten. In der Ableitung bedeutet das, dass selbst ein Leadsatz, welcher ein Fremdwort beinhaltet bereits das Interesse für Nachrichten senkt

 

Drei Schritte können die Attraktivität für Nachrichten-Postings auf Social Media erhöhen.

 

  1. Carousel Postings sind ein Format, welches aus mehreren Slides besteht. Das ermöglicht einen Informationsaufbau von einfach zu komplex. Die erste Folie sollte dabei nur mit wenigen Worten bestückt sein und in das Thema oder die Schlagzeile einführen. Auf der zweiten Folie können dann weitere Informationen platziert werden. 
  2. Ein Storytelling forcieren, dass die User:innen nicht überfordert. Das gelingt am besten, wenn die dazugehörige Bildsprache wechselt und so den Text zusätzlich unterstützt. Je nach Social-Media-Plattform können auch Videos integriert werden.
  3. Sollten Fremdworte oder Fachausdrücke auf den Folien benutzt werden, dann empfehlen wir eine Art Glossar im Lauftext unterhalb des Postings. Um Begriffe gleich deutlich zu machen, können diese im Bild farblich markiert werden. Eine Alternative wären Begriffserklärungen auf Folien - das ist je vom Umfang des Carousel Postings abhängig. Meist können bis zu zehn Slides genutzt werden. 

 

Eine aktuelle Publikation der Aufsichtsbehörde Ofcom rückt die Nachrichtennutzung auf der Social-Media-Plattform TikTok in den Fokus. Innerhalb von zwei Jahren ist der Nachrichtenkonsum der jungen und erwachsenen Brit:innen von 1 % auf 7 % angestiegen. Diese Entwicklung zeigt, dass auch in Deutschland Video-Inhalte weiterhin zunehmen könnten. Deshalb ist es heute schon klug, wenn sich Medienschaffende überlegen, wie ihre Video-Inhalte nicht nur visuell wirken, sondern auch sprachlich daherkommen. Zudem haben wir alle in den letzten 15 Jahren beobachtet, dass Social-Media-Plattformen einem stetigen Wandel unterliegen. Nachrichtenmacher:innen müssen sich daran gewöhnen, dass sich Social-Media-Plattformen ablösen und immer wieder neu entstehen. Was heute der Carousel Post ist, ist morgen ein Filter auf TikTok und übermorgen eine Plattform und ein Content, den wir heutzutage nur erahnen können.

Leichte Sprache anbieten

 

Ein zweiter Aspekt, den der Track „Sprache“ erarbeitete, ist das große Themenfeld Leichte Sprache / Einfache Sprache. Was für Behörden schon Pflicht ist, kommt in kleinen Schritten auch auf Medienunternehmen zu. Bis 2025 sollen laut dem European Accessibility Act audiovisuelle Medien barrierefreier gestaltet werden und auch der Medienstaatsvertrag hat das Thema Barrierefreiheit bereits aufgenommen. Wer das allerdings nur als lästige Pflicht ansieht, verschenkt viele Möglichkeiten. Denn Informationsangebot in Leichter oder Einfacher Sprache bringen wirtschaftliche Vorteile mit sich:

 

  • Durch Einfache Sprache werden neue Zielgruppen erschlossen, zum Beispiel Menschen mit einer Fremdsprache als Muttersprache oder Personen, die eine Lernschwierigkeit, wie etwa Legasthenie haben.
  • Durch Einfache Sprache hat es der Algorithmus der Suchmaschine leichter. Das wird mit einem besseren Ranking in den Suchergebnissen belohnt.

 

Das sind zwei gute Gründe für Publisher, die sich im Pricing von Werbung niederschlagen. Denn ein besseres Ranking und eine größere Zielgruppe führen zu mehr Klickzahlen und Views. Darüber hinaus profitieren Medienhäuser von der Innovationskraft. Eine Einfache Sprache kann beispielsweise perspektivisch bei Voice-Angeboten eine Rolle spielen.

Leichte Sprache anwenden

 

Die Umsetzung von Leichter bzw. Einfacher Sprache in Medienangebote war bisher ein zeitfressender Faktor. Das Übersetzen eines einseitigen Textes dauert für spezialisierte Dolmetscher:innen etwa eine Stunde. Inzwischen gibt es aber auch schon smarte Anwendungen auf Basis einer Künstlichen Intelligenz, welche eine Übersetzung innerhalb von Sekunden ermöglichen. Das Startup SUMM bietet zum Beispiel eine Art Google Translator an, welcher die Vorgaben für Leichte Sprache berücksichtigt und einen entsprechenden Textvorschlag liefert. Durch solche Anwendungen kann der Arbeitsaufwand enorm gesenkt werden. 

Leichte Sprache verfolgt klare Zielgruppen und muss definierte Vorgaben einhalten. Zum Beispiel Rechtschreibregeln, Typografie oder den Gebrauchskontext. Die Einfache Sprache ist in der Umsetzung freier. Sie wendet sich beispielsweise auch an Menschen, deren Erstsprache nicht Deutsch ist.

Sprache ist ein Schlüssel zurück zu den User:innen

 

Über Sprache können ehemalige Nutzer:innen zurückerobert und neue gewonnen werden. Eine Voraussetzung dafür ist es, die User:innen in ihrem Sprachgebrauch abzuholen und auf eine Reise mitzunehmen. Immer auf Augenhöhe und ohne zu überfordern. Um das zu schaffen, sollten Redaktionen immer wieder prüfen, wie sich die Nutzung von Medien ändert und ob ihre Audience Inhalte versteht.