Sandra Jütte
HAW Hamburg
Einordnung
Aus der Community
Medienproduktion
Social Media
Soziale Medien
Videoproduktion
Journalismus
Recherche
Zurück zur Übersicht

Aus der #UTN-Community: Journalistisches Schulprojekt in Amsterdam

Was bedeutet es, journalistisch zu arbeiten? Schüler:innen des Hannah-Arendt-Gymnasiums Barsinghausen haben das auf einer Seminarfahrt in Amsterdam ausprobiert. Im Interview erzählt Lehrer Ben Quinkenstein, wie das Projekt entstanden ist, warum die freie Themenwahl so wichtig war und welche Lernerfahrungen die Schüler:innen auf Plattformen wie Instagram und TikTok gesammelt haben.

2025-03-28 — Sandra Jütte

#UseTheNews: Ben, du bist Lehrer an einer #UseTheNews-Partnerschule. Wie kompetent sind deine Schüler:innen im Umgang mit Nachrichten und Informationen im Netz?

 

Ben Quinkenstein: Ich habe eine besondere Zielgruppe, etwa im Seminarfach Journalismus, Medien und Ethik. Da erlebe ich eine hohe Nachrichten- und Informationskompetenz. Bei den jüngeren Schüler:innen spielen Nachrichten, ich sage mal, bis zur neunten, zehnten Klasse eine geringe Rolle. Das mag auch an meinen beiden Fächern Englisch und Sport liegen. Aber in Englisch beschäftigen wir uns in jedem Jahrgang schon mit internationalen Themen, insofern ist die Kompetenz in den höheren Jahrgängen gut.

 

Was macht ihr an eurer Schule, um die Nachrichtenkompetenz der Schüler:innen noch weiter zu stärken?

Da kann ich jetzt viel aufzählen, etwa Umweltprojekttage, die von den Schüler:innen selbst organisiert werden. Und es gibt viele politische Themen, die im Lehrplan schon eine Rolle spielen. Außerdem haben wir das „Spalterradio“, ein Schulradio, bei uns. Da sind die Schüler:innen so gut ausgebildet worden von unseren Lehrkräften, dass sie tatsächlich schon von lokalen Medien angefragt wurden, um Interviews mit Politiker:innen zu führen. Sie produzieren auch regelmäßig ihre eigenen Sendungen und agieren so selbst als Journalist:innen. 

"Instagram oder TikTok sind Plattformen, auf denen sie [die Jugendlichen] sich selbst aufhalten. Wir wollten uns mit diesen Kanälen als Journalist:innen auseinandersetzen und die Fallstricke kennenlernen."

In dem erwähnten Seminarfach warst du kürzlich mit einer Gruppe in Amsterdam und hast dort ein journalistisches Projekt durchgeführt. Wie ist das gelaufen und wie lange ging das Projekt?

Also, das Projekt ist im Prinzip schon vor den Sommerferien 2024 gestartet, denn da haben wir am Newscamp von #UseTheNews und der HAZ in Hannover teilgenommen. Dann haben wir nach den Sommerferien noch einen Redaktionsbesuch im Madsack Verlag gemacht und haben uns dort die Redaktion und die Redaktionsarbeit angeschaut. Dann fingen wir an zu planen. Wir wussten, wir fahren im Herbst nach Amsterdam auf Seminarfahrt und dort haben wir uns entsprechend in Kleingruppen einzelne Themen vorgenommen. Das heißt, die Schüler:innen haben sich ein Thema und ein Medium ausgesucht, zum Beispiel Instagram oder TikTok, und vor Ort haben sie in der Woche dazu recherchiert und darüber berichtet.

 

Die Schüler:innen haben sich die Themen also freiwillig gesucht? 

Absolut. Ich wollte auf keinen Fall irgendwelche Themen vorgeben. Wir haben uns im Vorfeld natürlich alles Mögliche angeguckt und recherchiert, was in Amsterdam interessant ist. Beispielsweise die Geschichte des Nationalsozialismus und das Anne-Frank-Haus. Andere Schüler:innen waren als Foodblogger oder tagsüber im Rotlichtviertel unterwegs. Aber sie sind da nicht hingefahren und haben dann erst geguckt, was kann ich hier tun.

Amsterdam-Fahrt_BenQuinkenstein.JPG
Fotos: Ben Quinkenstein mit seinem Kurs in Amsterdam

Was waren die Ergebnisse und wurden sie veröffentlicht? 

Wir haben mit einer digitalen Pinnwand gearbeitet, wo wir im Projekt unsere Tage und Gruppen strukturiert haben. Da haben die Gruppen auch von mir vorgegeben bekommen, dass sie aufschreiben mussten, an welchem Tag sie an welchen Ort gehen. Die Pinnwand wurde später so umgebaut, dass da nur noch die Ergebnisse präsentiert werden. Die Videos haben wir auf einen YouTube-Account gepackt mit verstecktem Link. Und für alle fünf Gruppen gibt es einen Instagram- oder TikTok-Account, auf denen sie Bilder gepostet haben. Auch schon, während wir da waren. Das sind halt die Plattformen, auf denen sie sich selbst aufhalten. Wir wollten uns mit diesen Kanälen als Journalist:innen auseinandersetzen und die Fallstricke kennenlernen.

 

Und wie haben die Schüler:innen die Videos erstellt? 

Die haben sie selbstständig auf ihren lokalen Geräten bearbeitet. Da gab es keine Software oder Hardware, die wir gestellt haben, sondern das haben sie alle mit ihren eigenen Geräten gemacht. Weil sie das eben dort am besten können und beherrschen.

 

Wie ist denn das ganze Projekt entstanden und hattest du Unterstützung?

Der Impuls kam auf jeden Fall von #UseTheNews. Und in dem Seminarfach können wir in Niedersachsen den Unterricht an einem Titelthema ausrichten. Wir konnten also frei entscheiden, was wir tun. Wir wollten die Schüler:innen befähigen, dass sie ausprobieren, wie es ist, als Journalist:in zu arbeiten. Als Unterstützung haben wir dann einmal eine Journalistin zugeschaltet und haben sie befragt, wie man am besten Interviews führt. Und beim Madsack Verlag haben wir ganz viele Einblicke bekommen in unterschiedliche Tätigkeiten von Journalist:innen und haben dort auch ein Interview mit dem Chefredakteur gemacht. Zudem haben wir Erklärvideos geguckt und haben über die Reporterfabrik auch Texte gelesen, um uns da vorzubereiten.

"Indem sie möglichst viel selbst entscheiden dürfen und möglichst viel Verantwortung für ihr eigenes Tun, Handeln und Denken bekommen, entsteht Motivation."

Wie motiviert man in einem solchen Projekt Schüler:innen, die vielleicht keine Lust haben?

Indem sie möglichst viel selbst entscheiden dürfen und möglichst viel Verantwortung für ihr eigenes Tun, Handeln und Denken bekommen. Wenn ich alle Themen vorgegeben hätte, hätte ich vielleicht bei allen fünf Gruppen fünfmal danebengelegen. Insofern konnte ich über die Themenwahl möglichst viel Freiheiten lassen und da viel Motivation generieren. Das hat ja auch was mit Anerkennung zu tun. Und die Ergebnisse wurden benotet.

 

Du bist auch am NLQ Niedersachsen in der medienpädagogischen Beratung tätig. Welche Tipps würdest du dort Lehrkräften geben, wie sie die Medien- und Informationskompetenz ihrer Schüler:innen stärken können?

Machen, machen, machen – also selbst aktiv werden. Und das gilt für beide Seiten, Lehrkräfte wie Schülerschaft. Selbst als Journalist:in tätig werden, in welcher Form auch immer – geschrieben, gesprochen oder gefilmt. Das kann klein mit einzelnen Miniaufgaben anfangen. Ob das nun das Beschreiben eines naturwissenschaftlichen Versuchs im Stile eines Radioreporters ist, ein Interview mit den eigenen Eltern in einer Fremdsprache oder ein Podcast-Wettbewerb, ganz egal, immer ausprobieren.

 

Hier geht es zur digitalen Pinnwand des Projektes und den entstandenen Social-Media-Beiträgen.