

Forschungsüberblick Oktober: Junge Menschen streamen lieber und Journalismus braucht mehr leichte Sprache
Dr. Leonie Alatassi vom Leibniz-Institut für Medienforschung | HBI hat wieder drei aktuelle Studien zur GenZ zusammengefasst: Es geht um die Mediennutzung junger Menschen, Leichte und Einfache Sprache im Journalismus und beliebte Inhalte von Influencer:innen.
Junge Erwachsene bevorzugen On-Demand-Mediennutzung
Junge Erwachsene in Deutschland nutzen Video- (90 Prozent) und Audioinhalte (70 Prozent) überwiegend non-linear, wodurch sich ihre Mediennutzung flexibler über den Tag verteilt und individueller gestaltet als bei der Gesamtbevölkerung. Das zeigt eine Sonderauswertung der ARD/ZDF-Medienstudie 2025 für die Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen. In der aktuellen Medienstudie wurde die Nutzungsfrequenz verschiedener Medienangebote sowie die Mediennutzung im Tagesablauf der deutschsprechenden Wohnbevölkerung ab 14 Jahren per Telefon und Online-Umfrage (N= 2.512) erhoben. Die Ergebnisse zeigen, dass das klassische Fernsehen und Radio bei den 14- bis 29-Jährigen zunehmend an Relevanz verlieren, während Streamingdienste, Podcasts und Social-Media-Plattformen zentrale Anlaufstellen für Audio- und Videoinhalte dar-stellen. Am beliebtesten sind YouTube, Instagram, Spotify, Netflix und Snapchat (nach Wochenreichweite). Weitere Plattformen wie Amazon Prime Video, Disney+, Pinterest und sogar Facebook sind unter den Top 10, während beispielsweise Twitch und die Online-Angebote linearer TV- und Radiosender keinen Platz in diesem Ranking finden.
Leichte Sprache im Journalismus: Emotionale Nachrichten werden oft besser verstanden
Journalistische Inhalte in Leichter und Einfacher Sprache haben das Potenzial, die Verständlichkeit komplexer Themen zu erhöhen. Außerdem können solche Inhalte auch das Gefühl sozialer Sichtbarkeit und Zugehörigkeit bei den Nutzer:innen stärken. Diese Einsichten ermöglicht eine kürzlich erschienene Studie, in deren Rahmen Einzelinterviews mit Menschen geführt wurden, die Einfache Sprache besser verstehen (n= 28). Dazu zählen unter anderem Personen mit kognitiven Einschränkungen, geringen Sprachkompetenzen und Fluchterfahrungen. In den Interviews wurde über ihre Erfahrungen, Bedürfnissen und Erwartungen gegenüber dem Journalismus gesprochen. Außerdem interessant: Nicht nur die Nähe zum eigenen Alltag begründet bei den Befragten das Interesse an der journalistischen Berichterstattung. Sie konsumieren solche Themen besonders aufmerksam, die sie emotional berühren. Die Autor:innen schlussfolgern auf Basis der Ergebnisse ihrer Studie, dass Medienschaffende die Verantwortung übernehmen sollten, journalistische Angebote in Leichter und Einfacher Sprache in die redaktionelle Gesamtstrategie zu integrieren. Dabei sollten redaktionelle Prozesse so ausgestaltet sein, dass die Perspektiven von Menschen, die von Leichter und Einfacher Sprache ganz erheblich profitieren können, berücksichtigt werden.
Zu der Studie erschien auch ein Arbeitspaper bei der Otto-Brenner-Stiftung. Darin stellen die Wissenschaftler:innen ergänzend verschiedene Distributionsstrategien für Journalismus in Leichter und Einfacher Sprache vor – unter anderem das Konzept einer App für Schüler:innen, die Nachrichten in drei Schwierigkeitsstufen bereitstellen soll.
Influencer:innen mit meinungsstarken Inhalten sind besonders beliebt
Social-Media-Influencer:innen (SMI), die bei Jugendlichen beliebt sind, kommunizieren in ihren politischen Beiträgen auf YouTube in erster Linie Meinungen an ihr Publikum. Wenn sachliche Behauptungen aufgestellt werden, bilden diese in der Regel die Grundlage für meinungsbetonte Aussagen. Diese Erkenntnisse werden in einer aktuellen Studie zum Potential von SMI als Meinungsführer:innen vorgestellt. Im Rahmen der Studie wurde eine Inhaltsanalyse von YouTube-Videos (Ngesamt = 678, Npolitisch = 295) von beliebten deutschsprachigen SMI durchgeführt. Der Autor hat unter anderem Meinungsäußerungen sowie andere Inhaltselemente (z.B. parasoziale Inhaltsattribute) in den Videos untersucht. Es zeigt sich, dass parasoziale Merkmale (z.B. Selbstoffenbarung) häufig in den politischen Inhalten von beliebten SMI zu finden sind, wo sie genauso häufig vorkommen wie in ihren nicht-politischen Inhalten. Außerdem bieten faktenorientierte und weibliche SMI in der Stichprobe am ehesten vereinfachende und potenziell Interesse-weckende Inhalte. Der Autor schlussfolgert, dass diese SMI dadurch bestimmte Meinungsführerfunktionen für ihre Followerschaft erfüllen könnten und besonders in der Lage seien, das politische Engagement ihres Publikums zu steigern.